Diese Aussage fiel im Mai. Das Outsourcing Projekt lief bereits seit ein paar Wochen, ich kam aber erst jetzt, Mitte Mai, dazu. Das typische Los von Interimern 🙂 immer erst am letzten Drücker aber dazu sind wir ja auch da und machen das gern weil wir es können! Drei Monate für Analyse, Programmierung, Umsetzung, Testing, Parallellauf: kein Problem!
Es war also mein erstes Meeting im Projekt, remote. Ich war zuständig für die erfolgreiche Umsetzung des Outsourcings von Inhouse zu einem deutschen Provider. Ich kannte noch nicht alle Stakeholder, hielt mich daher also etwas zurück…quasi um die Lage zu sondieren. Bei der Angabe über den gewünschten Go Live Termin hoben sich meine Augenbrauen und ich musste darauf aufmerksam machen, dass eine unterjährige Umstellung von Payrollsystemen in Österreich eher unüblich ist. Personalverrechner in Österreich werden hier schmunzeln. Nicht zuletzt wegen des neu eingeführten gesetzlichen Kontrollsechstels, welches zur korrekten Berechnung ein Kalenderjahr als Berechnungsbasis benötigt, ist ein Outsourcing oder die Einführung neuer Lohnsoftware im Laufe des Jahres immer schwierig. Stichwort L16, Bemessungsgrundlagen bei Sonderzahlungen, und noch so ein paar Schmankerln, die den deutschen Kollegen in der Regel nicht so präsent sind 🙂
Also, faktisch war ein Go Live per September sehr sportlich, um es vorsichtig auszudrücken. Aber für den Kunden völlig klar und auch so umzusetzen. Also, frei nach dem Motto: wo ein Wille, da auch ein Weg, spuckten wir alle in die Hände! Alle im Projektteam waren super engagiert und committed und der Plan war dann auch schnell erstellt. Die Umsetzung sollte spannend werden!
Der Transfer
In Rekordzeit wurde das Wissen über die komplexe „Interna“ der Payroll vom bisherigen Payrollmanager abgeholt und dokumentiert, parallel wurde die neue Lohnsoftware hergestellt, mit allen Parametern und Besonderheiten, die für diesen Kunden wichtig und nötig waren. Dann stellte sich heraus, dass alle Stammdaten manuell erfasst werden mussten, da eine automatische Überleitung in diesem Fall nicht möglich bzw. nicht wirtschaftlich war. Im Juli, nach der fachlichen und technischen Abnahme legten wir dann auch los und klopften in die Tasten! Angefangen bei zum Beispiel Namen, Adressen, Bankverbindungen, Angehörige – über ÖGK und MVK Zugehörigkeiten, Gehältern, Sachbezügen, Steuerfreibeträgen – bis hin zu unter anderem Pfändungen und Altersteilzeitlern in verschiedenen Phasen, Abwesenheiten und dergleichen mehr, wurde alles manuell erfasst.
Daten nacherfassen
Ende Juli und Anfang August wurden dann alle vergangenen Monate nacherfasst. Es muss ja im neuen System alles analog der Historie abgebildet werden. Somit her mit allen Entgeltnachweisen, Nacherfassen aller Über- und Mehrstunden, Boni, Aktien, Ein- und Austritte! Und Kontrolle und Lösungsfindung bei Abweichung des „neuen“ Gehaltszettels (aus dem neuen Softwaresystem) zum „alten“ Entgeltnachweis aus dem bisherigen Lohnsystem. Manchmal ganz schön tricky…! Aber der Riesenvorteil war, dass wir durch diese Parallelläufe einen tollen Qualitätscheck des neuen Systems liefern konnten – der Kunde bekam ein wunderbares System! Im August also legten wir zweimal acht Monatsabschlüsse hin – es handelte sich um zwei Parallelfirmen – das lief wie am Schnürchen! Eintritte erfassen, Austritte abwickeln, variable Daten verarbeiten, Nettozettel abgleichen, Buchungsbeleg checken, gesetzliche Änderungen einfließen lassen (das passiert schon mal hin und wieder im laufenden Jahr…), Periodenabschluss und zack! der nächste Monat! Da waren wir richtig gut in Fahrt! Gut war es. Denn am 1. September mussten wir in der Lohnsteuerperiode September stehen. Sonst wäre uns die Schnittstelle um die Ohren geflogen…
Schnittstellen
„Workday“ war das Wort der Stunde – und die deutsche Schnittstelle sollte um „die paar Felder“ für Österreich erweitert werden.
Grundsätzlich kein Problem. Nicht die allerbeste Lösung aber damit kann man arbeiten. Zugegeben: das Projektteam war nervös. Wir hatten nur die vage Information, dass der Schnittstellenjob erweitert wird. Dass aber für rund 6.000 Arbeitnehmer in Deutschland der Job vorübergehend unterbrochen werden sollte, war nicht so ganz sauber kommuniziert worden. Daher auch die Aussage von weiter oben: wenn wir am 1. September nicht in der Periode September gestanden wären, hätte die Überleitung niemals funktioniert. Auch war das Testing der Überleitung nur sehr rudimentär gewesen, aber wir konnten davon ausgehen, dass der Job uns nicht alle Daten zerstört. Somit: alles gut gegangen, nichts passiert!
Stakeholder
Nicht nur die Payroll sollte extern sein, die IT war es bereits und die Finanzabteilung auf dem besten Wege. Somit war auch das Einbinden dieser beiden wichtigen Partner eine Challenge. Alles im Umbruch, neue Personen in neuen Rollen, teilweise offshore. Workarounds mussten her, weil bestehende, reibungslos verlaufende Prozesse nicht mehr funktionieren würden. Laufende Calls mit Indien über Payroll Accounting, financial interfaces, accruals, general ledger accounts, SEPA files, wage types, etc. etc. etc. Auch die Altdatenverwaltung für eine Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben und Beiträge (PLAB) aus dem alten Lohnsystem wurde nicht übersehen, sowie ein Transfer der aktuelleren Daten an den neuen Provider. Der Betriebsrat war in Österreich, super sympathisch und voll im Boot!
Das Manual
Über den ganzen Zeitraum gab es natürlich verschiedene Dokus. Unter anderem das Manual, welches alle Spezifika, Besonderheiten, Vereinbarung aus dem Vertrag, periodische To-Dos und Verantwortlichkeiten beinhaltete. Als eine Art „Betriebsanleitung“ 🙂 in weiterer Folge sehr nützlich für Kunde und den zuständigen Personalverrechner! Stichwort: Deckungsprüfung!
Neue Personalverrechnung „fit“ machen
Nicht zuletzt legten wir das Projekt, sprich die Personalverrechnung, in fähige Hände, die dann die monatliche Abwicklung und korrekte Auszahlung der Nettobezüge sowie Zahlungen an Finanzamt, ÖGK, Gemeinden, Stadtkasse Wien und Gläubiger sicher stellen.
Eine Erfolgsgeschichte
Alles in allem: ein sehr schönes, erfolgreichen Payroll Outsourcing Projekt – in-time trotz einiger Hürden! Mit Leichtigkeit und Freude umgesetzt und erfolgreich, weil es ein super engagiertes Team gab, in dem jeder sein Bestes gab, jederzeit bereit war, mehr als nur seinen Job zu machen, über den Tellerrand schaute, gemeinsam Lösungen gesucht und gefunden wurden und wir alle Experten auf unseren Gebieten sind und daher wirklich Spaß am Thema hatten und viel gemeinsam lachen konnten!