Einen Interim Manager in eine operative oder strategische Aufgabe zu setzen, ja, das kann man sich noch ganz gut vorstellen. Punktgenaue operative Umsetzungsstärke, onpoint Expertise zur Einführung von Software – jemanden, der das alles schon einmal „in echt“ gemacht hat und die Stolpersteine kennt und von daher top effizient unterstützen kann. Auch bei strategischen Themen – wenn es zum Beispiel um Neuausrichtung geht, dann kann ein „Externer“ sehr von Nutzen sein.
Aber in einer echten Führungsrolle? Die Person weiß ja gar nicht, wie „man die Dinge so bei uns macht“? Die ganzen informellen Strukturen? Und dann geht sie ja wieder raus aus meinem Unternehmen – und dann ist das Team wieder auf sich gestellt? Wie soll denn das funktionieren? Macht das tatsächlich Sinn? Und: lassen sich die Mitarbeitenden darauf ein?
(M)Ein Erlebnisbericht – der Hintergrund
In meinem aktuellen Mandat wurde ich wieder in eine Führungsrolle gesetzt. Natürlich „führst“ du als Interimer immer, zB auch im Projekt in einer Matrixführung. Diesmal aber lag der Fokus zu einem hohem Prozentsatz auf der Führungsrolle. Die gesamte Abteilung befand sich mitten im Umbruch, es konnte keine Leitung in Fixanstellung gefunden werden, das / mein Team war sehr unruhig, es fehlte an Zugehörigkeitsgefühl, an Anerkennung, an Gesehen-werden des Einzelnen. Natürlich macht es absolut Sinn, wenn der Interimer entsprechendes fachliches Know-How hat, allerdings die ganzen internen Abläufe, die Systeme – das ist in einer echten Führungsrolle Nebensache. Es geht um die Menschen. Immer. Um Ruhe, Stabilität, Effizienz, Wachstum. In jedem Einzelnen und dadurch im Unternehmen. Wie im Kleinen so im Großen.
Nachdem ich also wieder einmal ein solches Mandat begleiteten darf, habe ich auch diesmal nach rund sechs Monaten Einsatz die Teammitglieder gefragt: „Wie geht’s dir denn damit, dass ich als Interimer ganz klar das Team wieder verlassen werde? Was dachtest du damals, als es geheißen hat, es kommt eine externe interimistische Führungskraft? Lässt man sich darauf ein? Was ist anders, wenn man eine „normale“ neue angestellte Chefin hat? Erzähl mal, wie geht man damit um? Ist ja doch neu…“
Was sagt das Team zum Interim Manager?
Auch bei diesem Team habe ich tolle Antworten bekommen, ich frage nämlich jedes meiner Teams 🙂
Ein Wechsel zwischen Skepsis – klar, ist ja wieder etwas neues 🙂 und positiven Eindrücken:
Wie soll das denn gehen?
Einige Teammitglieder meinten: Wie soll das denn gehen? Die kennt ja unsere Abläufe gar nicht? Wie kann das funktionieren? Man konnte sich das zuerst gar nicht vorstellen.
Dann aber merkte man bald: Die hat ja was drauf! „Man bekommt komplett neue Perspektiven. Man ist gezwungen, über den Tellerrand zu schauen, denn auf einmal kommen ganz andere Impulse als gewohnt, weil du so viele andere Firmen gesehen hast und dieses Wissen weiter gibst. Wie kann es noch und anders funktionieren? Dadurch hinterfragt man die eigenen Abläufe und fängt an, Dinge anders zu machen. Man fängt automatisch an, die eigene Arbeit aus anderen Augen anzusehen und das macht Spaß, denn man wertschätzt die eigene Aufgabe wieder mehr“. (Das waren wirklich tolle Feedbacks)
Man hat nicht gemerkt, dass du interimistisch bist!
Andere aus meinem Team sagten: man habe das gar nicht gemerkt, dass ich interimistisch war, es spiele keine Rolle, ob jemand angestellt ist oder ganz klar nur für eine gewisse Zeit im Unternehmen ist. Ist sogar transparenter, denn man hat keine Glaskugel und eine angestellte Chefin kann auch plötzlich gehen, das weiß keiner. So aber weiß man im Vorhinein, wann die Zusammenarbeit zu ende geht. Man spürte keinen Unterschied, Meetings und Infofluss waren top, genauso wie in der Vergangenheit. „Du setzt dich für uns ein, du stehst vor uns als Team, du findest Lösungen und man vertraut dir.„
Frischer Wind!
Wieder andere meinten, dass man sich auf frischen Wind gefreut habe. Frischer, externer Wind, weil man einfach auch ein wenig müde war, „neue Führung“ weil das Bisherige nicht mehr gut funktionierte (wie schon gesagt, die Abteilung befand sich in einem großen Wandel). Man war neugierig, was kam da jetzt? Welche Impulse setzt sie? Was kann ich lernen? Man liess sich gern darauf ein, war gespannt.
Was sagt der Interim Manager?
Wenn du als Interimer in eine Führungsrolle gerufen wirst, dann ist es meiner Erfahrung nach idR eine befristete (Karenz-)Vertretung oder es „brennt“. Meistens brennt es und es braucht Neuorganisation und Leute, die Ruhe und Struktur vermitteln.
Wichtig für mich ist immer der Mensch. Ich bin überzeugt, jeder will jeden Tag sein Bestes geben. Keiner entscheidet bewusst: „Heute stell ich mich quer! Und mach mal ein paar Fehler!“.
Jeder ist ein wichtiges Rädchen des Ganzen. Und möchte gesehen werden, möchte einen wichtigen und wertvollen Beitrag leisten. Im Trubel des normalen daily business fällt diese menschliche Komponente manchmal unter den Tisch, das Wertschätzen, das Gesehen-werden – denn auch der Chef ist nur ein Mensch und möchte auch für seine Leistung anerkannt werden. Als Externer bist du einfach nicht so involviert, du hast mehr Abstand und daher kannst du mehr sehen und wahrnehmen – und wieder zurück geben.
Gerade auch bei Änderungen der Organisationskultur, stetigem Wandel, ist ein Firmenfremder wertvoll, da er keine „blinden Flecken“ im Bezug auf die Firma hat, keine interne Vergangenheit, keine alten Emotionen.
Ich bin sehr dankbar, wieder eine tolle Erfahrung zu machen, ich freue mich, dass Menschen wachsen können und konnten – und ja, das Team wächst einem jedes mal ans Herz. Da kann man gar nix machen. Manchmal höre ich „magst nicht doch bleiben?“, was mich freut und stolz macht – aber ich möchte noch viele andere Teams und Menschen zum „anders denken“ inspirieren.
Falls ich Ihr Team unterstützen kann, melden Sie sich gern: Kontaktieren Sie mich gern