Gerade Klein- und Mittelunternehmen haben meiner Erfahrung nach eher selten Kennzahlen und ein regelmäßiges Kennzahlenreporting aus dem Human Resources Bereich implementiert.
Dabei ist ein gut aufgebautes Dashboard mit ausgewählten Daten sehr wichtig und hilft bei der Steuerung des Unternehmens.
Gerne unterstütze ich Sie dabei, Ihr individuelles Kennzahlensystem aufzubauen und zu warten.
1. Warum Kennzahlen aus dem Personalbereich sinnvoll sind
Kennzahlen, Key Performance Indicators (KPIs), liefern dem Management eine gewisse Transparenz und helfen, das Unternehmen effizient zu steuern.
1.1 Vergleichbarkeit
Mit Kennzahlen kann ich mich am Mitbewerb messen – oder auch mit Playern aus anderen Branchen.
Ist meine Fluktuation um so viel Prozent höher als jene der Konkurrenz? Wenn ja, dann kann ich die Ursache herausfinden und effizienter werden. Wenn sie aber viel niedriger ist als der Durchschnitt, dann macht mein Unternehmen etwas richtig und das ist dann möglicherweise ein Wettbewerbsvorteil, den ich weiter ausspielen kann.
Hat ein Unternehmen aus einer ganz anderen Branche perfekte time-to-fill Werte – hier handelt es sich um eine Kennzahl aus dem Recruiting – dann könnte man prüfen, was passiert denn da, dass diese Firma / Branche so interessant für Bewerber ist?
1.2 Messbarkeit der Prozesse
Man braucht Kennzahlen, um die eignen Prozesse zu messen. Werden meine Abläufe effizienter oder nicht. Benötige ich mehr FTE für einen Produktionsschritt oder eine Dienstleistung? Auch ein Stagnieren ist nicht immer gut – im Gegenteil, die laufende und täglich stattfindende Veränderung muss Effizienz schaffen – und das muss gemessen werden. Gerade in den heutigen immer beliebter werdenden „selbst organisierten Teams“ sollte Performance Increase sichtbar werden. Daher messen KPIs Prozesse, laufend.
1.3 Unstimmigkeiten in Abläufen
Irgendwie sind alle Mitarbeiter krank? Meist eine subjektive Wahrnehmung. Mit der Errechnung der Krankheitsrate / Illness rate kann man das genauer prüfen. Diese Rate ist in der Regel eine saisonale Kennzahl, schafft aber gute Vergleichbarkeit mit Vorperioden.
Wenn diese Rate aber wirklich steigt, dann lohnt es zu schauen, wo und wann? Sind meine Mitarbeiter überlastet, sprich hat die Firma eventuell ein Thema mit Burn Out? Hier hilft es auch, die Überstundenquote heranzuziehen und zu analysieren, falls meine Mitarbeiter überfordert sind. Gibt es vielleicht nur einzelne Abteilungen, in denen es zu höheren Ausfällen kommt? Woran kann das liegen? Arbeit mit gefährlichen Stoffen, Mobbing, Führungsfehler, etc…
2. Welche Kennzahlen gibt es im Personalwesen und welche machen denn überhaupt Sinn?
Tja, das kommt ganz darauf an, was denn gemessen oder „gemonitored“ werden soll. Da kann man ganz schön in die Tiefe gehen. Es ist immer wichtig, die HR Kennzahlen im Firmenkontext zu sehen, das sollte alles sehr individuell sein und Sinn machen. Kennzahlen zu rechnen, nur damit man welche hat, ist Arbeitsbeschaffung.
Hier finden Sie eine erste kurze Aufstellung und Informationen zur Berechnung von Kennzahlen, die gerade in KMUs aber sicher sinnvoll sind und einen guten Grundstock bieten:
2.1 Headcount und FTE Reporting
Die Kennzahlen zum Headcount (HC) und Fulltime Equivalent (FTE) sind wahrscheinlich die gängigsten. Ein Unternehmen sollte jederzeit wissen, wie viele Mitarbeiter beschäftigt sind und in welchem Ausmaß. Ein Headcountreporting zeigt mir an, wie viele Mitarbeiter zum Stichtag ein aufrechtes Dienstverhältnis haben. Das wird in der Regel immer der Monatsletzte sein. Also zum Beispiel hat die Firma „Zahlen und Co“ am 31. März 126 Headcounts.
Beschäftigt waren im März 127 Personen, aber da ein Mitarbeiter am Freitag, dem 30. März ausgetreten ist, zählt diese Person nicht mehr, wohl aber jener Kollege, der erst am 31. März austritt. Herr Müller ist im März in Bildungskarenz. Da er ein aufrechtes Dienstverhältnis mit der Firma „Zahlen und Co“ hat, zählt auch sein Kopf für diese Kennzahl. Relativ einfach.
Anders nun beim FTE Reporting, auch gerne Kapazitätenrechnung genannt. Hier wird gemessen, wie viel Leistung war in einer Periode vorhanden. Am einfachsten zeigt sich das bei einer Person, die 20 Stunden wöchentlich in Teilzeit arbeitet. Herrscht im Unternehmen eine reguläre Normalarbeitszeit von 40 Stunden pro Woche, dann zählt diese Person 0,5 FTE.
Aber Achtung! Wichtig ist die genaue Definition der Berechnung des FTEs. In Italien rechnet sich der FTE an der gesetzlichen Normalarbeitszeit, wohingegen in Frankreich geleistete Überstunden und Mehrstunden mit bewertet werden. In Deutschland gibt es Firmen, die bei der Berechnung des FTE die Urlaubszeiten und sonstige Nicht-Leistungszeiten nicht berücksichtigen. Somit ist eine Vergleichbarkeit mit anderen Unternehmen immer genau zu prüfen.
Um unser Beispiel von oben weiter zu führen, gibt es bei der Firma „Zahlen und Co“ im März also 126 HC und 118,23 FTE.
Warum 118,23 FTE?
Neben der Aliquotierung der tatsächlichen Arbeitszeit zur Normalarbeitszeit müssen auch Eintritts- und Austrittsdatum sowie andere inaktive Zeiten berücksichtigt werden. Also:
- Teilzeitstunden dividiert durch Normalarbeitszeit
- Aliquotierung bei Inaktiven Zeiten
- Keine Bewertung von inaktiven Personen
Der eine Kollege trat ja am 30. März aus. Jetzt kann man 30 durch 31 Tage dividieren (30 aktive Tage : 31 Kalendertage =0,97). Oder man kalkuliert die echten Arbeitstage, das ist auch eine Möglichkeit. Wichtig ist, dass man dies definiert, festhält und immer gleich bewertet. Ich nehme hier für die Firma „Zahlen und Co“ die Kalendertagvariante.
So, wie kam ich jetzt auf die 118,23 FTE im März?
Beschreibung: | HC: | FTE: |
107 Reguläre Vollzeit Mitarbeiter: | 107 | 107,00 |
10 Teilzeit Mitarbeiter 20 Stunden /Woche * | 10 | 5,00 |
5 Teilzeit Mitarbeiter 30 Stunden / Woche ** | 5 | 3,75 |
1 Eintritt am 15. März *** | 1 | 0,52 |
1 Austritt am 30. März **** | – | 0,97 |
1 Austritt am 31. März | 1 | 1,00 |
2 Mitarbeiter seit Januar in Karenz | 2 | – |
Summen: | 126 | 118,23 |
Hier zeigt sich nun eine Summe über das Unternehmen. Von 126 Personen stehen 118,23 FTE als echte Arbeitskraft im März zur Verfügung. Natürlich sollte dies nun monatlich berechnet werden und desweiteren auch auf Abteilungen und Organisationseinheiten unterteilt werden, damit man sehen kann, wo die meisten Varianzen und Veränderungen stattfinden. Dies führt dann gleich zur nächsten wichtigen Kennzahl: der Fluktuation!
2.2 Was ist Fluktuation und wie rechnet sich die Kennzahl zur Fluktuation?
Die Fluktuation misst die Anzahl der Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen im Bezug zu den aktiven Mitarbeitern zu einem Stichtag.
Ganz einfach ausgedrückt: Habe ich am 1. Januar 126 Mitarbeiter und im Januar treten fünf Personen aus dem Unternehmen aus, dann liegt meine Fluktuationsrate bei 4%. Rechnung: fünf dividiert durch 126. Man kann die Fluktuationsrate monatlich berechnen, dazu immer den Anfangsbestand des Monats verwenden, oder auch per Quartal oder auch per Jahr. Logisch, dass der Quartalswert höher sein wird als der monatliche und der jährliche natürlich noch höher.
HC am 1. dM | Austritte | Fluktuationsrate Monat | Fluktuationsrate Quartal | Fluktuationsrate Jahr | |
JAN | 126 | 5 | 4% | ||
FEB | 127 | 5 | 3,9% | ||
MÄR | 126 | 5 | 4% | 11,9% * | |
APR | 130 | 5 | 3,8% | ||
MAI | 125 | 5 | 4% | ||
JUN | 120 | 5 | 4,2% | 11,5% ** | |
JUL | |||||
… | |||||
DEZ | 47,7% *** |
* 15 dividiert durch 126 | **15 dividiert durch 130 (Stichtag Apr) | 60 (12×5 Austritte) dividiert durch 126 (Stichtag Jan).
Man muss also immer ganz genau prüfen, auf welchen Zeitraum sich die Fluktuationsrate bezieht. Der Jahreswert ist mit einem Monatswert nicht vergleichbar!
Eine Jahresfluktuation von 47,7% bedeutet auch, dass fast die halbe Mannschaft ausgetauscht wurde. Das sind enorme Kosten, auch im Recruiting, Onboarding, etc.
Je nachdem, kann es auch sehr interessant sein, warum Mitarbeiter das Unternehmen verlassen: Lösen die Dienstnehmer die Dienstverhältnisse oder handelt es sich hauptsächlich um dienstgeberseitige Kündigungen? Wie schon ganz oben erwähnt: die Kennzahlen sollten auf die Individualität des Unternehmens abgestimmt sein und dann bringen sie einen großen Mehrwert!
2.3 Kennzahl: Krankheitsrate – Illness Rate
Ganz kurz möchte ich noch auf diese Kennzahl eingehen. Es macht wirklich Sinn, die Kennzahlen Krankheitsrate oder Illness Rate aufzubauen und zu führen. Raten würde ich dazu, die Anzahl der Kranktage aus dem Lohn- oder Zeitwirtschaftssystem zu ziehen und zum Beispiel in dieser Art aufzubereiten:
- Anzahl der Kranktage pro Mitarbeiter pro Jahr (Achtung: an Arbeits- und Kalendertage denken!) und diesen Wert mit der Branche vergleichen
- Dauer des einzelnen Krankenstands: wie lange sind meine Mitarbeiter idR krank? Immer gleich zwei Wochen oder nur ein paar Tage?
- Anzahl der Krankenstände? Wie häufig ist ein Mitarbeiter pro Jahr krank?
- Auf welche Wochentage fallen die meisten Krankentage? Ist der Montag oder der Freitag ein beliebter Tag, an dem meine Mitarbeiter ausfallen?
3. Verwirrung beim Aufbau eines Kennzahlenreportings?
Ich gebe schon zu, dass ein gutes Dashboard etwas Zeit benötigt, besonders im Aufbau und auch in weiterer Folge, wenn monatlich die Daten aktualisiert werden. Und besonders dann, wenn die Balanced Score Card auch auf Abteilungen „runtergedrösel“ werden soll, ist es erst mal aufwändig.
Trotzdem sollte jedes Unternehmen ein Grundgerüst an Kennzahlen haben und die Daten auch monatlich analysieren, um die Entwicklung des Unternehmens auch aus HR Sicht wahrzunehmen. Beim Aufbau der Kennzahlen sollte unbedingt die Individualität des Unternehmens an erster Stelle stehen und das Dashboard nach den Unternehmenserfordernissen aufgebaut werden.