Kennen Sie das? Die jährlichen Rückstellungen sind wieder fällig und schon wieder ist die Urlaubsrückstellung sehr hoch. Das kann doch gar nicht sein? Die Mitarbeiter haben doch alle viele Urlaubstage konsumiert…jedes Jahr das gleiche Thema! Wie bekommt man die Urlaubsrückstellung in den Griff?
1. Urlaubsanspruch vs Urlaubsrückstellung
Ich habe das in so vielen Unternehmen erlebt: den Unterschied zwischen Urlaubsanspruch, Resturlaub(sanspruch), Urlaubssaldo und Urlaubsrückstellung zu begreifen ist nicht leicht. Wirklich nicht.
Daher möchte ich dies hier in diesem Blogartikel verdeutlichen. Um eine Rückstellung zu verstehen, muss man den Hintergrund verstehen:
1.1 Urlaubsanspruch
Unter Urlaubsanspruch versteht man die Anzahl der Arbeits- oder Werktage, die einem Mitarbeiter pro Jahr zustehen. In diesem Artikel nehme ich als Beispiel einen ganz regulären Angestellten, mit einer fünf Tage Woche. Er hat Anspruch auf fünf Wochen Urlaub, sprich 25 Arbeitstage, pro Jahr. Der Urlaubsanspruch entsteht in der Regel immer mit Beginn des Arbeitsjahres. Es gibt zwar auch die Möglichkeit, auf Kalenderjahr umzustellen. Dies erkläre ich in einem späteren Artikel auf HRProjekte.at. Also, wir nehmen hier mal Horst. Horst ist am 2. Mai 2017 ins Unternehmen eingetreten und erhält jedes Jahr am 2. Mai wieder 25 neue Urlaubstage. Sein Urlaubsanspruch entsteht immer am 2. Mai eines jeden Jahres.
1.2 Resturlaub & Urlaubssaldo
Unter Resturlaub versteht man ganz einfach den Urlaubssaldo unter Berücksichtigung der bereits konsumierten Urlaubstage.
Im Jahr 2017 vereinbarte Horst zwei Wochen Sommerurlaub. Sein Saldo im Herbst 2017 war also 15 Tage. Zu Weihnachten und zu Ostern 2018 konsumierte er jeweils eine weitere Woche. Im Januar 2018 hatte er dann nur noch zehn Tage und am 3. Mai 2018 – nach Ostern – ….30 Tage! Grund: fünf Tage Resturlaub aus dem alten Arbeitsjahr von Mai 2017 bis April 2018 plus 25 neue Tage ab dem 2. Mai 2018. Soweit klar, oder? Aber Achtung! Wenn man von einem Saldo spricht, können sehr wohl auch bereits zukünftig geplante und genehmigte Urlaubstage gemeint sein. Dann lieber noch mal nachfragen.
1.3 Urlaubsrückstellungstage
Um jetzt die Berechnung der Rückstellung einfach zu erklären, spinne ich Horsts Urlaube mal weiter…
- Anspruch 2. Mai 2017-1. Mai 2018: 25 Tage
- Konsumiert im Urlaubsjahr 2017-2018: 20 Tage
- Anspruch am 2. Mai 2018: 5 aus dem alten Urlaubsjahr + 25 aus dem neuen Urlaubsjahr = 30
- Konsumiert im Urlaubsjahr 2018-2019: 21 Tage
- (5 Tage im Juni 2018
- 15 Tage im August, da gab es einen USA Urlaub!
- dafür nur einen Tag Urlaub zu Weihnachten
- => 21 Tage)
- Resturlaub / Saldo am 1. Mai 2019: 9 Tage
- Anspruch am 2. Mai 2019: 9 Tage aus dem alten Urlaubsjahr + 25 aus dem neuen Urlaubsjahr = 34 Tage
- Horst hat in 2019 einige Projekte zu bewältigen und kann daher im Sommer nicht urlauben, er nimmt lediglich eine Woche im Herbst.
So, und jetzt gehts ans Eingemachte. Der Einfachheit halber gehen wir mal davon aus, dass die Firma, in der Horst arbeitet, am 31.12. bilanziert. Das bedeutet, die Personalabteilung muss erheben, wie viele offene Urlaubstage zum Bilanzstichtag den Mitarbeitern geschuldet werden, sprich, wie viele Tage sind am 31.12. „offen“ und müssen als Geldwert in der Bilanz festgehalten werden.
Bei Horst schaut das so aus:
- Am 2. Mai 2019 hat er Anspruch auf 9 nicht konsumierte Urlaubstage aus dem alten Urlaubsjahr
- Jetzt muss berechnet werden, wie viele aliquote Urlaubstage Horst vom 2. Mai bis 31. Dezember zustehen. Das wird idR tag-genau gemacht: 25 Tage Jahresanspruch : 365 Kalendertage x 244 (Tage vom 2.5. bis 31.12.) = 16,70 Tage
- Im Zeitraum 2. Mai bis 31. Dezember hat Horst nur eine Woche nehmen können, wegen der vielen Projekte. Somit ergeben sich bei ihm:
- 9 Resturlaubstage aus dem alten Jahr
- plus 16,7 aliquote Tage bis zum Bilanzstichtag
- minus 5 Tage Konsum Herbsturlaub
- => Rückstellung für Horst: 20,70 Tage
Wenn man von Rückstellungstagen spricht, dann meint man immer die aliquoten Tage zum Bilanzstichtag. Anders als der reguläre Urlaubsanspruch – der immer auf ein Jahr bezogen ist.
2. Kalkulation der Urlaubsrückstellung
Nun reichen in der Regel nicht die Anzahl der offenen Urlaubstage, die buchhalterisch rückgestellt werden müssen, sondern es müssen Eurowerte geliefert werden. Dazu rechnet jede gute Lohnsoftware einen Wert aus den laufenden Bezügen, den variablen Bezügen, den Sonderzahlungen und Sachbezugswerten. Dieser Monats- oder Jahreswert wird entsprechend dividiert und dann mit den offenen Tagen multipliziert. Achtung, nicht vergessen, auch hier sollten die Lohnnebenkosten, wie z.B. Sozialversicherungsbeiträge, DB DZ, Kommunalsteuer, etc hinzugerechnet werden, wenn nicht die Software dies automatisch macht.
3. Vorschläge zum Urlaubsabbau
So ein Urlaubsabbau funktioniert nicht von heute auf morgen. Die Menge der Urlaubstage ist ja auch nicht im letzten Jahr entstanden. Ich habe erlebt, dass hohe Rückstände entstanden sind, weil ein Unternehmen in der Vergangenheit hohe Rückstellungen gewollt hatte (macht ja auch Sinn, wenn man sich das leisten kann). Sich die Zeiten aber änderten und Gewinne dargestellt werden mussten, somit musste und wollte man auch an der Rückstellungsschraube drehen und diese abbauen. Oder durch Firmenfusionen, wo in einer Firma sehr hohe Werte anfielen, in der anderen aber moderate Werte auf schienen.
Zum Abbau haben sich folgende Methodiken bewährt:
- Mittelfristiger Abbauplan, wann sollen welche Werte erreicht sein, wie kann man diese erreichen, sprich, sind die Ziele realistisch, herunterbrechen auf Tage pro Mitarbeiter.
- Sollen alle Mitarbeiter am Ende der Periode X Tage haben oder soll nur bei den Mitarbeitern verstärkt abgebaut werden, die entweder viele Tage haben oder jene, deren Tage viel wert sind?
- Können die Tage überhaupt abgebaut werden oder stehen wichtige Projekte an? Eine gute und rechtzeitige Planung ist wichtig und nötig.
- Rechnet die Software korrekt? Eventuell werden unnötige Lohnarten bewertet die gar nicht berücksichtigt werden müssen – aber ein Relikt aus der Zeit sind, wo man hohe Rückstellungen begrüßte?
- Monitoren! Der Status / die Zielerreichung muss monatlich, mindestens aber per Quartal, gemessen werden und den Führungskräften zugespielt werden. Im besten Fall sollte der Status auch immer besprochen werden.
- Erklären, erklären, erklären! Wie ganz oben gesagt, es ist nicht so ganz einfach, eine Rückstellung zu verstehen. Die Führungskräfte müssen wissen, um was es geht und die Mitarbeiter sind schnell mal irritiert und verstehen nicht genau, was das jetzt eigentlich soll. Da entstehen dann unnötige Diskussionen, die niemand, aber besonders das Unternehmen nicht braucht.
Falls Fragen aufgetaucht sind, stehe ich natürlich zur Verfügung – gerne unterstütze ich auch bei Ihrem individuellen Abbauplan – Kontaktdaten finden Sie hier.
Und jetzt: happy holiday!